111 Pferde

Ein Totengott in einem mystischen Wald legte wohl den Grundstein für die berufliche Karriere einer fantasievollen Bauerntochter aus dem Zürcher Unterland: Mit ihrer nach dem ägyptischen Herrscher der Unterwelt benannten Stute «Osiris» durchstreifte nämlich die damals zwölfjährige Embracherin Monika Mansour die dichtbewaldete Umgebung der Psychiatrischen Klinik Hard ...
Und so geht es in dieser Story weiter
Die traurigen, schönen und erschreckenden Erfahrungen, die sie als Jugendliche bei ihren Ausritten sammelte, verarbeitet die heute 45-jährige Autorin in ihren Kriminalromanen: 2015 löste in «Himmel, Hölle, Mensch» der Zentralschweizer Kommissar mit türkischen Wurzeln Cem Cengiz seinen ersten Fall, zwei Jahre später kam der charmante Ermittler bereits zum vierten Mal zum Einsatz. Für ihr neuestes Werk, «111 Pferde, die man kennen muss», verliess die Wahl-Luzernerin das Krimigenre und erfüllte sich einen langgehegten schriftstellerischen Wunsch: «Dieses Buch schreiben zu dürfen, war für mich ein Traum. Es gab unglaublich viele spannende Geschichten zu entdecken. Ich darf wohl sagen, es ist mein absolutes Lieblingsbuch und fast noch spannender als ein Thriller.» Manche der von Monika Mansour beschriebenen Pferde rüttelten mit ihrem Schicksal die Gesellschaft auf und lösten weltweit tierschützerische Veränderungen aus. So wie das dreijährige amerikanische Rennpferd «Ruffian», das 1975 nach einer Notoperation eingeschläfert werden musste. Der dramatische Tod der Stute hatte zur Folge, dass heute in zahlreichen Tierkliniken spezielle Aufwachbecken für operierte Pferde eingerichtet wurden. Auch das fiktive Kutschpferd «Black Beauty», das der Fantasie der englischen Schriftstellerin Anna Sewell entsprang, veranlasste Ende des 19. Jahrhunderts viele Menschen dazu, ihre Ansichten über die Pferdehaltung und besonders die Anwendung von Aufsatzzügeln zu überdenken. Die Biografien von Kriegspferden, die Soldaten seit über 5000 Jahren beistehen, berührten die Autorin Monika Mansour tief. Die Enkelin eines Kavalleristen, der mit dem im Buch beschriebenen Eidgenoss so manchen Concours bestritt, fühlte mit der Mongolenstute «Sergeant Reckless», die den US-Truppen im Koreakrieg diente, und litt beim Schreiben über das Schicksal des britischen Polizeipferdes «Sefton», das 1982 einen Terroranschlag der Irisch-Republikanischen Armee schwer verletzt überlebte. Die ehemals erfolgreiche Voltigiererin und leidenschaftliche Wanderreiterin erzählt in ihrem Buch witzige, überraschende und rührende Anekdoten von Pferden, die unzählige Kinder, Filmfans, Bücherwürmer und sogar hochrangige Politiker inspiriert haben. Den 25. US-Präsidenten William McKinley zum Beispiel, hat die Begegnung mit dem aussergewöhnlich klugen «Beautiful Jim» und dessen Besitzer, dem ehemaligen Sklaven William Key, massgeblich beeindruckt. Den Brumbys, den verwilderten Pferden Australiens, widmete Monika Mansour aus einem ganz bestimmten Grund ihre Zeilen auf der Seite 34: In den 1990er-Jahren verliess die junge Frau ihre Heimat und ihre Eltern – die sich übrigens in einem Reitverein kennengelernt hatten – und reiste nach «Down Under», wo sie als «Stockwoman», als australisches «Cowgirl», arbeitete – ein Abenteuer, das vermutlich ein ganzes Buch füllen könnte. Die Autorin resümiert das Erlebte, das ihre Beziehung zu Pferden vertiefte, mit diesen Worten: «Wenn sich Pferd und Reiter gegenseitig respektieren und vertrauen, mit einer Gelassenheit und Freude gemeinsam arbeiten und ein echtes Team werden, dann erlebt man zusammen ein unglaubliches Gefühl von Freiheit und Lebensfreude, das einzigartig ist.» Bei ihrer Arbeit an diesem im Herbst 2018 erschienen Werk stand das Recherchieren von Fakten an erster Stelle. Die Schwierigkeit bestand laut der Krimiautorin darin, ihre lebhafte Fantasie zu zügeln. Bei der Beschreibung der amerikanischen Stute «Lady Wonder» dürfte dies der Schriftstellerin schwer gefallen sein. Dem dunklen Pferd mit Blesse wurden nämlich telepathische Fähigkeiten zugesprochen, die sogar zur Aufklärung eines Kriminalfalles im Jahr 1955 beigetragen haben. Die Vermutung liegt nahe, dass sich die Autorin von dieser und den 110 weiteren wahren Pferdegeschichten zu einem neuen Krimi inspirieren liess. Monika Mansour gibt dazu nur so viel preis: «Tatsächlich kommen in meinem nächsten Zuger Krimi, der in der Planung ist, Pferde vor. Zum einen ein Reitstall und zum anderen ein geheimnisvoller, attraktiver Zigeuner mit seinem Pferd – mehr verrate ich aber nicht.»
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